Die Berühmten (1976)

Das Stück Die Berühmten war zunächst für die Salzburger Festspiele 1976 vorgesehen. Es nimmt auf polemische Weise ein Künstlertum aufs Korn, das in einer Zeit der absoluten Kommerzialisierung von Kunst und Kultur möglichst hohen materiellen Gewinn zu erzielen trachtet. Als die Salzburger Festspielleitung davon erfuhr, dass Bernhard in dem Text vermutlich bekannte Persönlichkeiten der Festspiele karikieren würde (eine Befürchtung, die etwa im Fall des Dirigenten Herbert von Karajan durchaus zutraf), zögerte sie mit der Aufführungszusage, worauf Bernhard das Stück zurückzog und die Zusammenarbeit (vorerst, wie sich herausstellen sollte) für beendet erklärte.

Die eigentliche Hauptfigur der Berühmten ist ein erfolgreicher Bassist: Er hat eben zum zweihundertsten Mal den Ochs im Rosenkavalier gesungen, steht auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn – und hat mit Thomas Bernhard eine beträchtliche Anzahl von Eigenschaften gemeinsam. Damit wird die ironisch inszenierte Erfolgsgeschichte eines Sängers auch zur hintergründigen Auseinandersetzung des Autors mit dem durchaus widersprüchlich empfundenen Phänomen des eigenen „Berühmtwerdens“ – mit der Sehnsucht nach allgemeiner Anerkennung, aber auch mit dem Wissen um die Nichtigkeit des öffentlichen Ruhms.

M.M.