Der Präsident (1975)
Mit dem Stück Der Präsident kehrte Bernhard nicht nur zum Premierenort der Jagdgesellschaft zurück (diesmal war es das Wiener Akademietheater), sondern auch zum gleichen Thema: Politik und Macht. Schon vor Beginn der Handlung haben Anarchisten, denen sich auch der Präsidentensohn angeschlossen hat, ein Attentat auf den Protagonisten verübt, wobei jedoch an seiner Stelle sein Adjutant, der Oberst, getötet wurde – und der Hund der Präsidentin vor Schreck einem Herzanfall erlegen ist.
Die letzte Szene zeigt die Aufbahrung des Präsidenten; mit ihrem neuerlichen Anschlag haben die Anarchisten ihr Ziel erreicht. Dazwischen erleben wir die Repräsentanten der Macht nicht, wie im traditionellen Geschichtsdrama, als Träger öffentlicher Funktionen, sondern in ihrer Privatsphäre, gefangen in den Ängsten und Aggressionen jener sozialen Aufsteiger, die bei Bernhard besonders häufig als Demonstrationsobjekte für die Schwierigkeiten menschlicher Identitätskonstitution eingesetzt werden: „Ehrgeiz / Haß / sonst nichts“ ist nicht nur der Beginn des Textes, sondern auch die stets wiederholte Formel, die vor allem die Rede der Präsidentin beherrscht.
M.M.