Die Jagdgesellschaft (1974)
Das 1974 am Wiener Burgtheater uraufgeführte Stück Die Jagdgesellschaft hatte für Bernhard besondere Bedeutung: Mehrmals bezeichnete er es als eine seiner gelungensten Arbeiten, erstmals erschien darin in Gestalt eines dramatischen Schriftstellers eine Art literarische Spiegelfigur des Autors.
Der Schriftsteller ist Gast in einem Jagdhaus mitten im Wald, das einem General und dessen Frau gehört. Im Verlauf der Handlung stellt sich jedoch heraus, dass die Existenz des scheinbar Mächtigen schon längst unterhöhlt ist. Der General, der – wie viele Bernhard-Figuren – von seiner Vergangenheit nicht loskommt (zeichenhaft markiert durch den Verlust eines Armes in der Schlacht von Stalingrad), ist – zunächst ohne es zu wissen – bereits tödlich erkrankt; außerdem hat der Borkenkäfer den Wald rund um das Jagdhaus befallen, in dem das Generalsehepaar einst (nach dem Weltkrieg) Zuflucht gefunden hat, und seine Minister betreiben auch seine politische Demontage. Als er aus Andeutungen des Schriftstellers die Wahrheit über sich selbst erfährt, begeht er Selbstmord.
Bernhard folgt hier einem Grundanliegen seines Schreibens, der literarischen Demontage von Machtträgern und -strukturen: Der Herrschende geht unter, der ironische Beobachter, der seine Existenz im Medium der Literatur reflektiert, bleibt am Leben. Auch sonst betreibt Bernhard in diesem Stück eine Art poetologischer Selbstdarstellung: Genau wie er selbst weist sich der Schriftsteller die Position des distanzierten Beobachters zu. Und wenn er über den Umgang mit seinen existenziellen Ängsten spricht, beschreibt er die für Bernhard charakteristische Technik der Selbstironisierung: „wir reden nicht darüber / und wenn wir darüber reden / reden wir so darüber / als wäre / über was wir reden / nicht wirklich […] damit wir es ertragen / aushalten“.
M.M.