Holzfällen. Eine Erregung (1984)

Das Buch schildert den Verlauf einer Abendgesellschaft bei dem Künstlerehepaar Auersberger. Von seinem „Ohrensessel“ aus beobachtet der Ich-Erzähler zunächst aus dem Hintergrund die Vorgänge um sich herum, ehe mit dem Eintreffen des Ehrengastes, eines berühmten Burgschauspielers, das eigentliche „künstlerische Abendessen“ beginnt. Als Kontrapunkt wird die durch Freitod aus dem Leben geschiedene „Märchenfigur“ Joana beschworen, eine frühere Künstlerfreundin des Erzählers; an ihrem Begräbnis in Kilb erweist sich die entfremdete auersbergerische Lebensform, wenn der Erzähler die „natürliche“ Kilber Bevölkerung den „künstlichen“ Gästen aus der Stadt, zu denen er sich auch selber zählt, gegenüberstellt.

Über viele Seiten reflektiert der Erzähler sein ambivalentes Verhalten gegenüber den einstigen Freunden, denen er immerhin einiges verdankt. Den plötzlichen Umschlag von Zuneigung in Hass, der inzwischen eingetreten ist, begründet er mit der Enttäuschung über den nicht eingelösten Anspruch mediokrer Künstler – wie Auersberger – auf allerhöchste Perfektion, aber auch mit der Notwendigkeit, sich aus der Abhängigkeit von allzu sehr geliebten Menschen herauszuretten, etwa von der Dichterin Jeannie Billroth, die ihn ansonsten „verschlungen“ hätte.

Der zweite Roman der „Künstler- bzw. Künste-Trilogie“ richtet sich gegen die inauthentische Künstlergesellschaft, als deren (gleichwohl verlorenes) Gegenbild Joana gesetzt ist, die Züge der Ingeborg Bachmann besitzt. Die polemisch-satirische Art der Darstellung, die reale Vorbilder der Figuren wiedererkennen ließ, veranlasste den Komponisten Gerhard Lampersberg, einen ehemaligen Freund und Förderer Bernhards, zu einer Klage gegen das Buch, das deshalb vorübergehend per einstweiliger Verfügung beschlagnahmt wurde. Daraus entwickelte sich eine der größten literarischen Affären seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Österreich.

Durch eine Taktlosigkeit Jeannie Billroths provoziert, wird der Burgschauspieler zuletzt in einem plötzlichen Ausbruch zum „Augenblicksphilosophen“: Wie in seiner aktuellen Bühnenrolle als alter Ekdal in Ibsens Wildente, sehnt auch er sich nach dem Aufgehen im naturhaften Organismus des Waldes, um dem ihn umgebenden „Wahnsinn der Künstlichkeit“ zu entfliehen.

M.M.